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  3. Klimawandel: So sieht der ökologische Fußabdruck Ihrer Ernährung aus

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So klimafreundlich ist Ihr Mittagessen

Der Ernährungs-Fußabdruck zeigt an nicht nur an, wie gesund ein Gericht ist, sondern auch wie sehr es die Umwelt belastet Der Ernährungs-Fußabdruck zeigt an nicht nur an, wie gesund ein Gericht ist, sondern auch wie sehr es die Umwelt belastet
Der Ernährungs-Fußabdruck zeigt an nicht nur an, wie gesund ein Gericht ist, sondern auch wie sehr es die Umwelt belastet
Quelle: Infografik Die Welt
Gesund soll es sein und möglichst klimaneutral. Doch wie sehr bestimmte Lebensmittel die Umwelt wirklich belasten, ist schwer zu durchschauen. Eine neue Kennzeichnung bringt Licht ins Dunkel.

Auf den Fluren der Quentin-Blake-Grundschule herrscht kurz vor acht reges Treiben. Eilende Kinderschritte mischen sich mit Gesprächen und Gekicher. Für die meisten ist heute ein normaler Schultag. Auf die 2. Klasse aber wartet in ihrem Klassenzimmer ein Frühstücksbuffet. Mit Brot, Wurst, Milchprodukten, Obst und Gemüse. Ganz normal eigentlich, doch bei diesem Buffet gibt es von jedem Lebensmittel zwei Varianten.

Der Scheibenkäse kommt mal mit und mal ohne Verpackung, die Wurst gibt es auch als vegane Variante und bei der Milch können die Kinder zwischen ökologischer und konventioneller Milch wählen. Die Grundschüler sollen nämlich in den nächsten vier Stunden lernen, wie man sich klimabewusst ernährt.

Zu Besuch sind dafür Agnes und Mathias Gaertner, zwei Referenten der Kontaktstelle für Umwelt und Entwicklung (KATE) in Berlin. Der Verein veranstaltet regelmäßig in Schulen und Kindergärten das sogenannte Klimafrühstück. So sollen Kinder an das Thema Klimawandel und die Zusammenhänge mit Ernährungsgewohnheiten herangeführt werden.

Denn nicht nur Autos und Kraftwerke produzieren Treibhausgase, sondern auch die Lebensmittelproduktion. „KATE hat dafür vier Kriterien entwickelt, um Lebensmittel einzuordnen“, erklärt Mathias Gaertner. „Anbauart, Saisonalität, Verpackung und ob es sich um ein tierisches oder pflanzliches Produkt handelt.“

Gesund ist nicht gleich klimafreundlich

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Ganz unvoreingenommen gehen die Kinder diesmal nicht an den Frühstückstisch, viele greifen ganz selbstverständlich zu Bio, das kennen sie von zu Hause. Die Zweitklässler wissen auch schon viel darüber, was für sie gesund ist und was nicht. „Und dann kommen wir mit dem Klimafrühstück und müssen den Kindern sagen, dass das, was für sie gesund ist, nicht immer gut für das Klima ist“, sagt Gaertner.

Diese Diskrepanz beschäftigt auch die Oectrophologin Melanie Lukas. Gemeinsam mit ihren Kollegen vom Wuppertal Institut hat sie einen Ernährungsfußabdruck für klassische Mittagsmahlzeiten entwickelt. Dieser Fußabdruck berücksichtigt sowohl Gesundheits- also auch Umweltfaktoren und ist damit einzigartig.

Speisen wie Spaghetti Bolognese oder Seelachsfilet mit Kartoffeln und Gemüse wurden auf ihre Verträglichkeit für Mensch und Klima bewertet. Der Gehalt an Kalorien, Fett, Ballaststoffen und Salzen wird ebenso berücksichtigt wie das für die Produktion verbrauchte CO2, Material, Wasser und die benötigte Landfläche.

„Wir haben das entwickelt, damit jemand, der zum Beispiel ein Betriebsrestaurant oder eine Mensa besucht, ziemlich schnell weiß, was er für einen Fußabdruck hinterlässt“, so Lukas. Eine ziemlich komplexe Angelegenheit für die Mittagspause, in der manchmal schon die Entscheidung zwischen Schnitzel und Gemüsepfanne eine Herausforderung darstellt.

Veganer essen zu viele Ersatzprodukte

Das Konsumverhalten von Industrienationen mit einem Überangebot an tierischen Produkten, dem ganzjährigem Angebot an Sommergemüse und intensiver Landwirtschaft hinterlässt beim Klima aber seine Spuren – selbst wenn die Ernährung für den Körper noch so gesund erscheint.

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In der Studie des Wuppertal Instituts schneiden, wenig überraschend, alle tierisch basierten Produkte schlechter ab. Das liegt zum Beispiel am hohen Wasserverbrauch in der Fleischproduktion. Und nicht zuletzt sitzt das Übel in der Kuh selbst, denn sie stößt im Laufe ihres Lebens konstant das Treibhausgas Methan aus.

„Ich will die Kuh jetzt aber nicht verteufeln, das wird in letzter Zeit viel zu viel gemacht“, meint Lukas. „Nichtsdestotrotz haben selbst Milchprodukte einfach einen hohen Fußabdruck, auch im Vergleich zu Fleisch, weil sie viel häufiger konsumiert werden.“ Ein klarer Sieg also für manch resoluten Veganer? „Nein“, sagt Lukas.

„Studien der letzten Jahre zeigen, dass klimaschonende Ernährung zwar zu einem großen Teil pflanzlich ist, aber eine Portion Fleisch pro Woche ist durchaus kein Problem.“ Den aktuellen Vegantrend kann sie nicht vollkommen befürworten. „Weil er dahin geht, dass immer mehr Ersatzprodukte verwendet werden“, sagt sie. „So wie Sojawürste und andere hoch verarbeitete Lebensmittel. Das ist nicht der Sinn veganer Ernährung.“

Regional einkaufen

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Gleichzeitig sei es wichtig auf die ausreichende Nährstoffversorgung zu achten. Melanie Lukas plädiert dafür, mehr selbst zu kochen und sich damit auseinanderzusetzen, welche Lebensmittel je nach Saison und Region verfügbar sind. Im Fall veganer Ernährung also saisonales Gemüse, Hülsenfrüchte, Getreide und Nüsse.

Dennoch müsse man sich, wenn man sich klimabewusst ernähren möchte, nicht selbst kasteien. „Vielleicht einfach weniger von den Dingen, die das Klima belasten“, empfiehlt Lukas. Idealerweise kommen die gekauften Lebensmittel aus der Region, unter anderem wegen der kürzeren Transportwege. Dass hier die Nachfrage steigt, weiß Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg.

„Das Problem ist aber, dass es nicht immer einfach zu erkennen ist, ob ein Produkt regional ist“, bemängelt Schwartau. Und das gilt nicht nur für verarbeitete Lebensmittel. Selbst auf dem Wochenmarkt werde kaum Regionalität ausgeschildert. Nur das Herkunftsland muss genannt werden.

„Wenn ich nun aber in Hamburg einkaufe, kann es ja sein, dass die Gurke aus Dänemark viel näher dran ist als eine aus Bayern“, so Schwartau. „Die Händler auf dem Wochenmarkt wollen sich natürlich die Option offenhalten, Waren zuzukaufen und ein staatliches Label für regionale Produkte gibt es nicht.“

Das Problem mit den Siegeln

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Mit ihren Kollegen versucht sie dem Verbraucher mit regionalem Saisonkalender und Leitfäden für klimaneutrales Essen die Entscheidungen leichter zu machen. Wie schwierig aber die Auseinandersetzung mit Labels und Fußabdrücken ist, zeigt das Beispiel Bio.

Zusätzlich zum staatlichen Biosiegel gibt es eine Reihe privater Biosiegel wie Demeter, die zusätzliche Kriterien erfüllen. Das allgemeine EU-Biosiegel selbst erfüllt zwar vorgeschriebene Mindeststandards, sagt aber noch nicht mal etwas über die regionale Herkunft aus.

Dabei lernen die Kinder der Quentin-Blake-Schule: Bio ist gut für dich und gut fürs Klima, werden doch keine künstlichen Düngemittel verwendet, die selbst wieder Treibhausgase freisetzten.

Mit einem wachsenden Angebot an Bioprodukten zu teils sogar erschwinglichen Preisen könnte die klima- und gesundheitsbewusste Ernährung doch also ganz einfach sein. Ein Besuch in der Bioecke einer deutschen Drogeriekette stiftet beim gewillten Verbraucher aber noch mehr Verwirrung: Bio aus China, Peru, Äthiopien, Slowenien. Und das auch bei Waren, die hierzulande wachsen.

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Quelle: Zoomin.TV

Besonders klimafreundlich scheinen solche Transportwege nicht. „Die Nachfrage in Deutschland ist eben sehr groß und wir haben nicht genügend Landwirte, die umstellen“, meint Silke Schwartau.

Tatsächlich hat die Biobranche in 2014 laut dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft 7,91 Milliarden Euro umgesetzt, ein Plus von 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Hinblick auf das Klima ist eine reine Bioernährung aber auch nicht der Königsweg, wenn die Produkte nicht regional und saisonal sind.

Anstatt sich durch den Dschungel von Siegeln und Empfehlungen zu kämpfen, wäre es viel wichtiger überhaupt wieder etwas über Ernährung und Hauswirtschaft zu lernen, da sind sich Silke Schwartau und Melanie Lukas einig. „Das Wissen übers Kochen ist vielen abhandengekommen“, sagt Schwartau.

„Hier sollte in den Schulen angesetzt werden und eine Kernkompetenz in dem Bereich vermittelt werden.“ Schließlich muss man erst lernen, wie man wertvolle Lebensmittel wie Hülsenfrüchte überhaupt zubereitet.

Auch wenn das Fach Hauswirtschaft nicht auf dem Lehrplan der Quentin-Blake Schule steht, werden solche Inhalte vermittelt. Nicht nur beim Klimafrühstück. Die Schüler lernen beispielsweise auch, ein veganes Menü für ihre Eltern zu kochen. „Das macht den Kindern besonders viel Spaß“, sagt Lehrerin Heidi Klotz. „Und sie sind immer wieder erstaunt, wie gut es schmeckt.“

Sie findet es wichtig, dass sich die Schüler mit dem Thema Klimawandel und ihrer eigenen Rolle auseinandersetzten. Was die Kinder am Ende essen sollen, will sie trotzdem nicht vorschreiben. „Mein Hauptanliegen ist es, pflichtbewusste und leidenschaftlich denkende Menschen zu schaffen“, sagt sie. „Sie sollen wirklich mit Gefühl und Verstand handeln und sehen, dass jeder eine Verantwortung trägt und etwas machen kann.“

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